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„Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen“

Zu den schönsten Momenten des Elternseins gehört für mich, mit unserem dreijährigen Sohn Bilderbücher zu lesen. Eine unserer liebsten Geschichten ist die vom kleinen wütenden Elefanten. Dieser hat schlechte Laune. Warum weiß er gar nicht so genau. Ärgerlich kickt er einen Stein aus dem Weg – und trifft damit unglücklicherweise einen vorbeilaufenden Flamingo. „Ein starkes Stück“, denkt dieser, und holt zum Gegenschlag aus. Allerdings bekommt nicht der Elefant, sondern eine Schildkröte den Ärger ab, die sich in unmittelbarer Nähe des Flamingos befindet. So beginnt eine Dynamik des gegenseitigen Beschuldigens, Schimpfens und Verletzens… Bald haben alle Tiere in der Gegend schlechte Laune. Bis auf das kleine Erdmännchen. Es schaut mit einem anderen Blick auf seine Mitlebewesen: „Der Leopard, der mir gerade auf den Fuß getrampelt ist, hat das bestimmt nicht mit Absicht gemacht“, denkt es. Und es schmiegt sich versöhnlich an den Leoparden. Dieser ist davon so überrascht, dass ihm ganz warm ums Herz wird. Sein Ärger weicht der Freude. Jetzt möchte er auch jemandem etwas Gutes tun! Und er hilft wiederum den Ameisen dabei, eine Straße zu bauen. Diese sind natürlich ähnlich überrascht, denn ein Raubtier hat ihnen noch nie geholfen. Also wollen sie ihrerseits nun auch jemandem helfen.

Und so beginnt eine neue Dynamik: Eine Dynamik des sich Freuens, des Zueinander-freundlich-Seins und des Miteinanders. Bald ist die ganze Gegend erfüllt von guter Laune und Herzenswärme. Diese Geschichte zeigt, welche Kraft in unserem Verhalten liegt. Zerstören oder aufbauen, streiten oder versöhnen, abwerten oder wertschätzen – all das ist möglich. Je nachdem, durch welche Brille wir aufeinander schauen und welche Kraft wir in uns walten lassen.

Ich kann meinem Nachbarn neiden, dass er bereits zweifach gegen Corona geimpft ist – oder ich kann mich für ihn freuen, denn ich komme auch noch an die Reihe. Ich kann die schlecht gelaunte Verkäuferin zurück anraunzen – oder ich wünsche ihr einen schönen Tag, denn vielleicht hatte sie den bisher nicht. Ich kann sauer auf meine Freundin sein, weil sie sich lange nicht gemeldet hat – oder ich schicke ihr eine „Ich-denk-an-dich“-Nachricht, denn vielleicht hat sie gerade schlichtweg viel um die Ohren.  Mehr „Erdmännchen“ sein – und mit gnädigen Augen und gütigem Blick aufeinander schauen – das täte unserem Zusammenleben gut!

Jesus Christus hatte uns dazu alles mitgegeben. Durch sein Leben, Reden und Handeln hat er gezeigt, wie groß die Barmherzigkeit Gottes ist. Und wie viel reicher das Leben wird, wenn wir uns von der Liebe Gottes bewegen lassen! Damit wir unser Dasein in Jesu Geist gestalten können, hat Gott uns eine Kraftquelle geschenkt. „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein“, hatte Jesus Christus kurz vor seiner Himmelfahrt den Menschen versprochen. Und siehe da, so geschieht es: Wie ein loderndes Feuer legt sich der Heilige Geist auf die Jüngerinnen und Jünger Jesu. Sie werden erfüllt von der Kraft, die den Gottessohn selbst bewegt und geleitet hatte.

Dieses Ereignis feiern wir an Pfingsten. Gott gibt seinen Heiligen Geist in diese Welt. Dadurch empfangen auch wir die Kraft, friedfertig miteinander umzugehen, in Liebe aufeinander zu schauen und voller Hoffnung dieses Leben zu gestalten – immer wieder aufs Neue!

Frohe Pfingsten wünscht Ihnen
Ihre Pfarrerin Lisa Henningsen

Mittagsgebet

In dieser Mahlzeit sehen wir klar,
wie die ganze Welt und der Himmel
unser Leben möglich machen.
Alle Lebewesen wollen lebendig sein,
viele müssen um ihr Leben kämpfen,
mögen heute alle genug zu essen haben.
Tisch und Teller sind gefüllt,
wir bedenken, dass diese Lebensmittel
einen weiten Weg hinter sich haben;
wir verbinden uns mit denen,
die diese Mahlzeit überhaupt möglich machen.
Wenn wir schmecken, wollen wir achtsam sein.
Wenn wir genießen, denken wir daran,
dass wir Verantwortung tragen für andere.
Wenn wir satt werden,
wollen wir auch unsere Dankbarkeit nähren.
Wenn die Teller leer gegessen sind,
geloben wir, selber gütig zu sein
und dem Wohl dieser Welt zu dienen.
Amen.
(Tischgebet aus Birma)

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