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Hirtensonntag

Liebe Leserin, lieber Leser,

Schafe sind unglaublich hilfsbedürftige, wehrlose Tiere. Wie erstaunlich, dass Gott ausgerechnet das „Schafsprinzip“ wählt, um mit uns als Schaf-Jesu-Leuten sein Reich zu bauen.

„Geht hin; siehe, ich sende euch wie Lämmer mitten unter die Wölfe“, so Jesus zu seinen Jüngern in Lukas 10,3. Und dann weiter: „Tragt keinen Geldbeutel bei euch, keine Tasche und keine Schuhe, und grüßt niemanden unterwegs.“

Ganz schön unfreundlich, diese Schafe, die da im Namen von Jesus unterwegs sind, oder? Jesus, meinst du das ernst? – Kein „Hi, Hallo, Tag, Guude, Salut, Grüß Gott“ oder ähnliches?

Nun, in der orientalischen Kultur „jemanden zu grüßen“, besteht aus mehr Worten als nur einer abgehackten Kurzformel wie bei uns: „Guude“ für „Ich wünsche dir einen guten Tag“ oder „Grüß Gott“ für „Gegrüßt seist Du bei dem lebendigen Gott“. In der afrikanischen Kultur etwa jemanden höflich zu grüßen, bedeutet zu fragen: „Wie geht es dir?“ Und dann auch weiter zu fragen: „Und wie geht es deinen Eltern?“ – „Und Deinen Großeltern?“ – „Wie geht es deinen Geschwistern?“ – „Und Deiner Tante?“ – „Und Deinem Onkel?“ Jemanden zu grüßen kann also gut gerne schon einmal 1-2 Stunden Zeit in Anspruch nehmen.

Wenn Jesus seinen Jüngern aufträgt, während ihres Auftrags niemanden zu grüßen, dann meint er damit: Verzettelt euch nicht! Vertut die Zeit nicht mit Plauderei, sondern nutzt die Zeit, um das zu sagen, was wirklich wesentlich ist. Eure Botschaft lautet: „Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen!“

Unter den Schafen sind die Lämmer ein besonders gefundener Leckerbissen für Wölfe. Hilfloser geht es nicht, als wenn Jesus seine Leute wie Lämmer unter die Wölfe schickt. Gibt es irgendeine Strategie?

Die Ausrüstung ist es wohl nicht. Wie geschorene Lämmer ziehen die Schaf-Jesu-Leute los. Ein Wollkleid schützt sie nicht. Mit einem Stock zur Verteidigung können sie nicht umgehen. Taschen für Geld haben sie nicht. Jesus macht seinen Jüngern klar: Euer Auftrag hängt nicht von eurem Finanzstatus ab. Nicht von eurer Vorsorge und nicht von euren Fähigkeiten. Euer Auftrag hängt einzig und allein von eurer Verbindung zum Hirten ab: nach dem Hirten zu schreien wie Lämmer und auf die Stimme des Hirten zu hören und dann loszugehen und sein Wort auszurichten – das ist euer Auftrag.

So nackt und mittellos Schaf-Jesu-Leute auch sind, sie bringen doch das Größte mit sich: Gottes lebendiges Wort zum Segen oder zum Gericht. Die Botschaft bleibt immer dieselbe. Sie lautet: „Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen.“ Diese Botschaft wird nicht verändert oder angepasst. Ihr Inhalt steht nicht in Frage; er wird eintreffen, ob die Botschaft nun Hörerinnen und Hörer findet oder nicht.

„Dein Reich komme, dein Wille geschehe“, beten wir auch im Vaterunser. Die Frage ist nicht, so Martin Luther, ob das Reich Gottes tatsächlich kommt oder nicht. Das Reich Gottes kommt auf jeden Fall – auch ohne unser Gebet. Aber indem wir beten, bitten wir Gott, dass sein Reich auch zu uns kommen möge. Dass sein Wille auch in unserem Leben Raum nehmen möge.

Der Evangelist Lukas berichtet von der großen Euphorie, mit der die Jünger aus ihrem Dienst zurückkommen und schier übersprudeln: „Die Zweiundsiebzig aber kamen zurück voll Freude und sprachen: Herr, auch die bösen Geister sind uns untertan in deinem Namen.“ Wie hilflose Schafe waren sie in ihre Aufgabe losgezogen, und nun diese Erfahrung: In der Kraft ihres Hirten konnten sie sogar Dämonen austreiben und sichtbare Zeichen tun. Was für eine Freude!

Jesus bestätigt, was die Jünger ihm erzählen. Und doch, so Jesus, gibt es noch eine größere Freude: Nicht, dass wir erleben, wie Gott durch uns wirkt, sondern, dass wir erleben, wie Gott an uns wirkt! Wie er uns in Jesus zu Schaf-Jesu-Leuten macht. Zu Lämmern seiner Herde, zu seinen geliebten Kindern. Uns einzeichnet in seine Hände, unsere Namen in sein Buch des Lebens schreibt. „Freut euch nicht“, sagt Jesus, „dass euch die Geister untertan sind. Freut euch aber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind“. Was für eine Freude!

Zuallererst sind wir immer selbst Gerettete! Und dann Leute, die auf den Retter hinweisen. Das macht bescheiden – und sehr glücklich!
Amen

Bleiben Sie behütet!
Ihre Pfarrerin Katharina Bärenfänger

Mittagsgebet

Eines wünsch ich mir vor allem andern,
eine Stärkung früh und spät,
um getrost durchs finstre Tal zu wandern,
dass dies eine mit uns geht:
unbeirrt auf jenen Mann zu schauen,
der mit Zittern und mit Todesgrauen
auf sein Antlitz niedersank
und den Kelch des Vaters trank.
Ja, mein Jesus, lass mich nie vergessen
meine Schuld und deine Huld.
Als ich in der Finsternis gesessen,
trugest du mit mir Geduld.
Wie ein Hirt nach seinem Schaf schon trachtet,
längst bevor es seinen Ruf beachtet,
hast du schon vor meiner Zeit
mir den Weg zu Gott befreit.
Ich bin dein, sprich du darauf ein Amen,
treuer Jesus, du bist mein.
Schreibe deinen lieben Jesusnamen
bleibend in mein Herz hinein.
Mit dir alles tun und alles lassen,
deine Hand im Tod und Leben fassen,
das sei meines Glaubens Grund,
dein Vermächtnis, unser Bund.

(Gebet nach Lied: Eines wünsch ich mir vor allem andern; Text: nach Albert Knapp 1829 Detlev Block 1991)

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