Ein Licht entzünden
Am kommenden Sonntag ist Totensonntag. Ewigkeitssonntag wird er auch genannt. In unseren Gottesdiensten und Andachten nennen wir an diesem Sonntag nochmal die Namen der Menschen, die wir seit dem letzten Totensonntag begraben mussten. Wir zünden eine Kerze für sie an, als Zeichen der Erinnerung. Auch auf vielen Gräbern leuchten in diesen Tagen wieder Lichter.
Wer vor dem Grab eines geliebten Menschen steht, blickt oft in Gedanken zurück, hält manchmal innere Zwiesprache mit dem Toten. Wer kann ermessen, welche Trauer, welcher Dank, welche Zweifel und welche Hoffnung mitschwingt, wenn dann ein Grablicht entzündet wird? Dieses kleine Licht auf dem Grab des verstorbenen Menschen leuchtet auch hinein in die eigene Seele. Es ist ein äußeres Zeichen der inneren Verbundenheit.
Zugleich sind die Lichter auf den Gräbern ein Zeichen des Glaubens und der Hoffnung. Mit dem Tod gehen wir nicht auf ein finsteres Nichts zu, sondern auf Gott, der dem Dunkel des Todes ein Ende setzt wie der Morgen der Nacht. Der Glaube vertraut auf das Licht der Liebe Gottes, das auch den Toten leuchtet, um die wir trauern. Gottes Liebe reicht weiter als alle Gräber dieser Welt.
Die Lichter auf den Gräbern sind zutiefst menschliche, und darum auch kleine und verletzliche Symbole unserer Hoffnung. So wie die Flamme verlöschen wird, wenn das Öl aufgebraucht ist, das ihr Nahrung gibt, so ist auch unsere Zeit hier endlich. Aber Glaube vertraut darauf, dass unser Leben nicht nur zu einem irdischen Ende kommt, sondern bei Gott ein Ziel hat.
Bei aller Trauer halten wir mit jeder Kerze, die wir zum Leuchten bringen, an diesem Vertrauen fest. Darum feiern wir am Sonntag nicht nur Toten- sondern zugleich Ewigkeitssonntag. Der Tag stellt sich trotzig gegen die Macht des Todes.
Wenn wir an den Gräbern stehen, uns erinnern und beten, wenn wir die Namen der Menschen nennen, die wir geliebt haben und die nicht mehr sind – so setzen wir unsere Hoffnung, unsere Erwartung auf Gott. Dass sein Licht unser Leben erleuchtet. Dass seine Grundmelodie der Liebe unser Leben begleitet. Gott ist die Zukunft, sein Heil, seine Liebe gilt uns auch wenn es manchmal nicht danach aussieht, wenn wir es nicht spüren und wir auch keinen Beweis für diesen Glauben antreten können. Hoffnung kann gewiss nicht alle Fragen beantworten. Und doch ist Hoffnung wie eine brennende Kerze in dunkler Nacht.
Diese Hoffnung ist eine Kraft zum Leben, zum Weitergehen. Diese Kraft gilt es zu stärken, sie braucht Raum in unserem Leben, und sie wird uns tragen, uns neue Lebensaussichten eröffnen. Darum ist es gut, den kleinen Schein der Grablichter auch in unsere Seele hinein zu lassen. In diesem Licht können wir unsere Trauer betrachten, uns auch den Fragen und Zweifeln stellen. Und der Blick zurück hilft dem Blick nach vorne auf die Beine. Das kleine Licht lässt so Wege sichtbar werden für einen getrösteten Weg in das Leben.
Bleiben Sie behütet!
Ihr Pfarrer Heinrich Schwarz
Mittagsgebet
Gott, unsere Gedanken gehen zurück zu den Menschen, die gestorben sind. Uns bleibt die Erinnerung und die Hoffnung, dass sie aufgehoben sind in deiner Liebe. Wir sehnen uns nach Leben, gerade, wenn Tod und Trauer uns drücken. Zu dir wenden wir uns, Gott.
Wieviel Traurigkeit ist da, wenn wir an unsere Verstorbenen denken, viele Tränen, viele zerstörte Hoffnungen, Fragen, die keiner beantworten kann, und Leid, das die Kräfte lähmt. Und daneben Dankbarkeit für gemeinsam Erlebtes, für empfangene Liebe und glückliche Tage. Manchmal auch Erleichterung nach überstandenen Qualen.
Komm, Geist des Lebens, guter Gott allen Trostes, in deine Liebe geben wir unsere Verstorbenen. Tröste die Trauernden und stärke alle, die wieder Fuß fassen wollen im Leben.
Amen.