Unser Traumschiff legt ab
Herzlich willkommen. Machen Sie es sich bequem im Liegestuhl auf Deck unseres Traumschiffs (Bild: eiflero / www.pixelio.de). Wir legen gleich ab. Ja, mit einem „Traumschiff“ die Weltmeere durchkreuzen, sich leckere Buffets schmecken lassen, fremde Länder kennenlernen, exotische Sonnenuntergänge bestaunen – das Leben in vollen Zügen genießen … Wie schön, dass die großen Kreuzfahrtschiffe jetzt wieder ablegen.
Doch nicht alle auf einem solchen Dampfer können die Fahr genießen. Da sind viele nötig, die dafür sorgen, dass dieses Schiff überhaupt fährt und die Gäste zufrieden sind. Kapitän und Steuermann, die Mannschaft mit den verschiedensten Aufgaben. Und nicht alle können ein gutaussehender Stewart sein, umschwärmt und beliebt. Da gibt es auch Köche, Reinigungspersonal, Seeleute, Maschinisten. Sie alle zusammen machen es erst möglich, dass das Schiff nicht untergeht, nicht stehen bleibt und sich nicht verirrt, sondern nach einer kürzeren oder längeren Reise den Zielhafen ansteuern kann.
Und wir müssen uns noch eins klarmachen: Traumschiffe und Luxusliner sind die Minderheit auf Hoher See. Die Containerschiffe, Öltanker und Fischfang-Fabrikschiffe bilden die Mehrheit. Sie können sich keine ungefährliche Route oder ruhige See aussuchen, sie müssen bei Wind und Wetter raus und ihre Aufgaben erfüllen. Kommt irgendwo etwas ins Stocken, kann das die gesamte Weltwirtschaft aus dem Tritt bringen, wie wir erst kürzlich erleben mussten. Aber auch da, wo nur der alltägliche Seeweg zu bewältigen ist, kommt es darauf an, dass der Kurs stimmt, dass die Mannschaft aufeinander eingespielt ist und jeder sich auf den an-deren verlassen kann.
Das Bild vom Schiff ist lebendig, vielseitig und kann viel-schichtig gedeutet werden. schöne, glatte See, raues Meer, Flauten und Wirbelstürme … Deshalb eignet es sich so gut als Bild unserer Gemeinschaft. Denn das Leben miteinander ist lebendig, bunt und vielschichtig – und Stürme und Wogen breiten sich auch hier schnell aus.
Die Bibel kennt auch einige Schifffahrtsgeschichten: Die Arche Noah, die der Sintflut trotzt. Jona, der über Bord geht und vom großen Fisch verschluckt wird. Und auch Jesus und seine Mannschaft steigen immer wieder ins Boot. Sogar in Seenot geraten sie, wie die Bibel es im Matthäus-Evangelium, Kapitel 8, die Verse 23-27 erzählt. Auf dem See Genezareth – kein Tümpel, sondern immerhin ein kleines Binnenmeer – gerät ihr Schiff in einen Sturm.
Die Jünger Jesu haben Angst unterzugehen. Aber er schläft seelenruhig weiter. Als die Wellen ins Schiff schlagen, weckt die Mannschaft ihren Kapitän. Doch der reagiert unwirsch: „Warum seid ihr so ängstlich? Warum könnt ihr nicht glauben?“ Trotzdem lässt er seine Crew nicht im Stich. „Er stand auf und stellte sich den Winden und dem Meer mit Macht entgegen. Eine tiefe Stille breitete sich über dem Wasser aus, und die Menschen waren voll Staunen und fragten einander: Was für einer ist das? Sogar die Winde und das Meer gehorchen ihm!“, so übersetzt Jörg Zink diese wundersame Rettung.
Mir ist diese Geschichte ein Gleichnis auf unser Leben. Unsere Gemeinschaft kann manchmal heftigen Stürmen ausgesetzt sein. Konflikte und Herausforderungen machen vor unserem Leben nicht Halt, weder im Privaten noch in der Gesellschaft, schon gar nicht in der Politik. Und auch wir in der Kirche bleiben davon nicht verschont. So manches Mal geraten wir vom Kurs ab.
Doch im Schiff unseres Lebens sitzen wir nicht allein. Die Jünger sind nicht allein. Es fährt keiner für sich, sondern sie machen sich gemeinsam an die Überfahrt. Keiner von uns ist allein auf seiner Fahrt. Wir haben immer wieder Menschen, mit denen wir unterwegs sind.
Sie werden jetzt vielleicht denken: Den Jüngern hat das erst mal nicht viel genützt. Aber ich denke doch: Es war schon ganz wichtig, dass sie in ihrer Aufgeregtheit und Angst nicht auf sich allein gestellt waren. Sie konnten zusammenhalten. Das hat sie nicht blind und konfus werden lassen, sondern sie konnten sehen, was zu tun war, wohin sie sich wenden konnten. Sie haben Jesus vertraut. Sie trauen ihm zu, dem stürmischen Meer entgegenzutreten.
Kann sein, dass uns noch so manche Herausforderung bevorsteht. Aber wir sind gut gerüstet. Denn wir sind nicht allein auf unserem Lebensschiff. Wir haben Menschen, Familie, Freunde, Nachbarn, mit uns auf unserer Fahrt. Und wir habt Gott an Bord.
Manchmal ist die See vielleicht rau, aber wir werden den Stürmen trotzen können. Nicht nur weil die Mannschaft zusammenhält, sondern weil Gott selbst mit an Bord ist und dem Schiff sein Ziel gibt.
Gute Fahrt und bleiben Sie behütet!
Ihr Pfarrer Heinrich Schwarz