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Gedanken zum Sonntag Palmarum

Liebe Leserinnen und Leser,

zur menschlichen Existenz gehören neben dem Glück die Unsicherheit, Unruhe und das Leiden; gehören das Gefühl der Vergeblichkeit und die Erfahrung der Vergänglichkeit. Die übliche Frömmigkeit, ob im Islam, Christentum oder in einer anderen Religion, will Gott möglichst weit oben ansiedeln. Weit weg von unserem alltäglichen Leben und Mühen. Fernab von Erfahrungstiefen und Dunkelheiten. Die übliche Frömmigkeit will an einem starken Gott hängen. einem Gewinner, nicht an einem Verlierer oder Leidenden.

Gott, der Gewinner, das höhere Wesen über uns in der Höhe, ist aber nicht der Gott, der sich in Jesus uns Menschen nahegebracht und offenbart hat. Denn als er uns Menschen mit Jesus seine Weisheit über die Zusammenhänge von Zeit und Ewigkeit und Leben und Tod schenkte, da brachte er die einzig rettende Formel in diese verworrene Welt: Die Liebe! Gerade die Liebe aber scheut die Tiefen nicht und die Dunkelheit, sondern nimmt Schwachheit und Leiden in sich auf.

So kannte der irdische Jesus das unbeherrschbare Gefühl des Ausgeliefertseins an eine bedrohliche Zukunft. Er kannte den Anblick schreiender klagender Menschen, wenn sie Schlimmes erleiden und nicht mehr ein noch aus wissen. Er spürte all die Emotionen, die damit verbunden sind, am eigenen Leib und in der Seele. Jesus hat Ablehnung, Schwäche, Tücke, Verlogenheit und Verrat und Gewalt selbst erleben müssen, sozusagen durchbuchstabiert bis zum bitteren Ende. All das war ihm nicht fremd.

An diesem Jesus, an seinem Lebensweg, an seinem Reden und seinem Handeln und seinem Geschick wurde wahr und deutlich, was die Bestimmung von uns Menschen nach dem Willen Gottes ist. Es wurde daran klar, wie er betete, wie er erzählte, wie er stritt, wie er heilte, wie er schwieg und litt und wie er starb. Jesus vertraute gegen allen Augenschein, ja auch gegen die Erfahrung. Gott vertraute er sein Leben an, alle Höhen und Tiefen. Aus diesem Vertrauen bezog er die Kraft, auch die Enttäuschungen zu verkraften, sich vom Verrat nicht verbittern zu lassen, den Mut seiner Klage vor Gott auszusprechen. Von hier bekam er die heilende Kraft der Vergebung. Jesus setzte sich mit seinem ganzen Leben dafür ein, dass sich trotz allem lohnte, den Menschen und der Zukunft Vertrauen zu schenken.

Ich glaube, wenn wir uns wirklich zu ihm bekennen, würden wir mit uns und anderen viel menschlicher, freundlicher und verständnisvoller umgehen. Wir würden nicht bleiben, wie wir sind, sondern so werden, wie Gott uns gemeint hat. Und wie es allein gut für uns und unseren Mitmenschen ist: Nicht immer auf unser gutes Recht beharrend, nachgebend und vergebungsbereit, hoffnungsvoll und offen.

Ich bin davon überzeugt, wer mit Jesus verbunden ist, der gewinnt ein neues Verhältnis sich selbst gegenüber, zu seinen Gefühlen, zu seinen Trieben, zu seinen Wünschen und Ängsten.

Natürlich wird es auch weiterhin viel Schmerzen und Leiden und Tränen geben, aber hoffentlich auch viel Glück und Freude und überschäumende Begeisterung. Denn: Wer einmal von der Lebenskraft erfasst ist, die Jesus als Willen offenbart hat, der kann eigentlich nicht mehr in das eigene Trübsal versinken oder andauernd sein Selbstmitleid pflegen und sich vor anderen verschließen.

Bleiben Sie wohlbehütet in Zeit und Ewigkeit!
Ihr Bernd Schminke
Prädikant und Vorsitzender des Kirchenvorstandes

Mittagsgebet

Mein Gott, ich rufe zu dir und bitte dich:
Für die Menschen, die Leiden erfahren und keine Freude mehr kennen.
Dass sie nicht versinken in ihrem Schmerz!
Für die Menschen in Krankheit und Gebrechen bitten ich dich,
dass sie immer wieder auch einmal aufgeheitert werden.
Dass ich auch in schweren Tagen die Hoffnung und den Humor nicht verliere,
das sei mir geschenkt!
Deine Freude verändert das Leiden.
Dein Ostern die Passion.
Lass mich alles, was ich erlebe, von Ostern her betrachten und angehen!
So bitte ich dich in deinen Frieden hinein in lieblose Zustände.
So bitte ich dich in deine Liebe hinein in lieblose Umgangsweisen.
Erbarme du dich meiner, wenn ich unter den Lasten des Lebens schwer trage.
Übersieh mich nicht, wenn ich einsam bin.
Übersieh mich nicht, wenn ich zweifle und nicht mehr weiter weiß
Sieh mich gnädig an.

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