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Warum?

In wohl kaum einem Jahr zuvor waren in den Tagesnachrichten so viele Kreuze zu sehen wie in den vergangenen Monaten. Kreuze als Zeichen des massenhaften Sterbens in Manaus. Kreuze auf den Friedhöfen von Italien. Auch auf unseren Friedhöfen hier im Kirchenkreis haben wir einen neuen Blick für die Holzkreuze bekommen, die in den vergangenen 12 Monaten hinzugekommen sind. Sie alle erzählen Geschichten.

Geschichten von Abschied, Trauer und Endgültigkeit. Und immer wieder auch Geschichten eines einsamen Sterbewegs. Eines Abschieds, der nicht stattfinden konnte. Eines Todes, den wir uns so gegenseitig nicht wünschen würden. Und wortlos erklingt bei so manchem Trauergespräch die Klage: „Mein Gott, mein Gott, WARUM?“

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Markus 15,34) und „Es ist vollbracht!“ (Johannes 19,30) und „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“? (Lukas 23,46). Drei unterschiedliche Worte von Jesus am Kreuz werden uns von den Evangelisten überliefert. Auch diese Worte erzählen Geschichten.

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Markus 15,34). Am Kreuz hängt der Mensch Jesus, dieser inzwischen ungefähr 30jährige junge Mann. Blut und Wasser schwitzt er vor Angst zwischen den Ölbäumen im Garten Gethsemane, als ihm klar wird, was für ein leidvolles Ende sein irdisches Leben nehmen wird.

„Mich dürstet“, klagt Jesus am Kreuz. „Mich dürstet“, nicht nur nach Wasser, sondern auch nach Liebe und menschlicher Nähe. „Mich dürstet“ nach Geborgenheit in Gott und nach seiner Hilfe. In der Stunde seines Todes fühlte Jesus sich von Menschen und von Gott verlassen, verraten und verkauft.

Es sind die Gefühle unserer finstersten Stunden im Leben, die Jesus hier am eigenen Leib erleidet. In tiefere Verlassenheit können auch wir nicht fallen – in keiner Stunde unseres Lebens.

„Es ist vollbracht!“ (Johannes 19,30), überliefert der Evangelist Johannes als Kreuzeswort. Diese Worte unterscheiden die finsterste Stunde im Leben von Jesus von den finstersten Stunden unseres Lebens. „Es ist vollbracht!“ – das konnte nur Jesus sagen, der Erlöser, der selbst Gott ist. Nur SEIN Tod entmachtet unseren Tod. Nur SEIN Leiden nimmt unserem Leiden die Ewigkeit. Nur SEIN Sterben besiegt unsere Schuld. „Es ist vollbracht!“, das bedeutet: In JESU Tod stirbt unser Tod, stirbt unser Leiden – und alles, was uns voneinander und von Gott trennt. Das Beziehungsende hat ein Ende.

„Es ist vollbracht“, das bedeutet: Neue Gemeinschaft keimt auf. Über Generationen, Nationen und Konfessionen hinweg. Es entsteht die Gemeinschaft derer, die auch als Zagende und Zweifelnde, als Durstende und Leidende, als vom Tod Erschreckte und von Schuld Gedrückte immer wieder neu mit ihrem Erlöser zusammen in die Worte einstimmen: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“ (Lukas 23,46). Wo das geschieht, da ist Ostern ganz nahe…

Ein gesegnetes Auferstehungsfest wünscht Ihnen
Ihre Pfarrerin Katharina Bärenfänger

Mittagsgebet

In einer fernen Zeit
gehst Du nach Golgatha,
erduldest Einsamkeit,
sagst selbst zum Sterben ja.

Du weißt, was Leiden ist.
Du weißt, was Schmerzen sind,
der Du mein Bruder bist,
ein Mensch und Gottes Kind.

Verlassen ganz und gar
von Menschen und von Gott.
Bringst Du Dein Leben dar
und stirbst den Kreuzestod.

Stirbst draußen vor dem Tor,
stirbst mitten in der Welt.
Im Leiden lebst Du vor,
was wirklich trägt und hält.

Erstehe neu in mir.
Erstehe jeden Tag.
Erhalte mich bei Dir,
was immer kommen mag.

Amen.

(Gebet nach EGplus Nr. 11 „In einer fernen Zeit)

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