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Sonntagsgedanken

Liebe Leserin, lieber Leser,

Wir leben in einem freiheitlichen Land. Die Grundrechte garantieren uns unsere Freiheit. Klar gibt es Grenzen dort, wo andere zu Schaden kommen, verletzt oder beleidigt werden. Aber dennoch: „Jeder mag nach seiner Façon selig werden.“ wie es der Preußenkönig Friedrich II., formuliert hat. Wir können unser Leben nach unseren Vorstellungen gestalten. Wir können Meinen und Glauben, was wir wollen.

Doch dieser Pluralismus ist anstrengend. Schließlich birgt diese große Freiheit nicht nur Chancen, sondern auch Verantwortung. Mit konträren Meinungen geraten wir leicht aneinander. Es gibt Streit, jeder möchte Recht behalten. Mit Getöse und Lärm bringen wir uns in Stellung. Das erleben wir nicht nur in den Medien und der Politik. Auch hier bei uns im Kleinen – im Beruf, in der Familie, in unserer Kommune – ist das nicht selten. Absichtlich oder unbedacht verletzen wir einander. Statt eine wirkliche Lösung zu finden, setzt sich der vermeintlich Stärkere durch. Aber es sind nicht immer die Lauten stark, nur weil sie lautstark sind.

In der Christengemeinde in Korinth war der Apostel Paulus in solch einen Streit um den richtigen Weg verwickelt. Er gibt den streitenden Parteien dabei den Rat: „Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Niemand suche das Seine, sondern was dem anderen dient.“ (1. Korinther 10,23-24) Paulus geht es nicht in erster Linie um die Frage, wer Recht hat. Er will aus den unterschiedlichen Ansichten der Christen keine Einheitsmeinung machen. Wir können trotz unserer verschiedenen Meinungen respektvoll miteinander umgehen. Entscheidend ist, im Anderen den Menschen zu sehen, nicht den Gegner oder gar den Feind. Gegenseitiges Zuhören ist dabei der erste Schritt. Mich in ihn hineinversetzen. Was treibt ihn an? Was hat er nötig? Verstehen ist der erste Schritt aus dem Streit heraus. Nicht immer steht am Ende ein Kompromiss. Manchmal sind die Positionen nicht vereinbar. Weil mir aber der Mensch am Herzen liegt, muss ich nicht darauf pochen, dass alles so sein muss, wie ich es für richtig halte. Ich kann damit leben, dass der andere „nach seiner Façon selig wird.“ Gegensätze aushalten ist keine Einschränkung der Freiheit, sondern einer ihrer Höhepunkte.

Bleiben Sie behütet!
Ihr Pfarrer Heinrich Schwarz

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