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Sind wir nicht zu fade?

„Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt“, sagt Jesus in seiner Bergpredigt (Matthäus 5; Bild: LoggaWiggler/ pixabay.com). Wir fühlen uns damit schnell überfordert. Sind wir nicht zu fade? Bei wem springt schon der Funke der Begeisterung über? Vielleicht liegt dieser Selbstzweifel daran, dass wir zu viel Salz und zu viel Licht haben? Salz ist überall: In den Fertiggerichten, der Wurst, auf den Pommes. Salzarm – das ist für uns heute eine Diät bei Bluthochdruck. Nicht viel anders beim Licht. Alles wird angestrahlt, selbst unsere Kirche. Die Erde ist nachts vielerorts so hell geworden, dass wir die Sterne kaum mehr leuchten sehen. Lichtverschmutzung nennen das die Astronomen.

Zuviel Salz, Zuviel Licht. Wir sind überfüttert damit. Wir sehen und schmecken nicht mehr das Wertvolle dran. Keine Dämmerstunden mehr und keinen feinen Geschmacksunterschied mehr auf der Zunge. Mit dem Zuviel gehen die Zwischentöne im Leben verloren. Nicht nur beim Essen und Sehen.

Zur Zeit Jesu war das anders. Salz war wertvoll, zeitweise sogar Zahlungsmittel. Und in der Nacht brannte nur das kleine Licht der Öllampen. Immer war die Sorge da, dass das Öl nicht reichen könnte. Salz und Licht – damals knapp und wertvoll.

Unser Zuviel täuscht die Sinne. Und so kommt es auch, dass wir uns nicht so recht wohl dabei fühlen, wenn wir als Salz der Erde und Licht der Welt bezeichnet werden. Wir kleinen Körnchen, wir kleinen Lichter – Salz der Erde? Licht der Welt? Wir hören diese Frage als Anfrage: Sind wir zu fade? Stellen wir unser Licht unter den Scheffel? Wir hören Kritik heraus, Mahnung besser zu werden, engagierter, frommer, überzeugender.

Aber kann denn Salz fade werden, fragt Jesus dann weiter? Nein! Salz wird nicht fade. Und jeder Funke hat das Potential zur Flamme. Jesus stärkt uns, wenn er uns mit Salz und Licht vergleicht. Erst mit unserer Kleingläubigkeit und dem immerwährenden Lamento, werden wir fade und unser Licht wird schwach.

Jesus sieht uns so, wie wir von Gott gewollt sind. Er sieht uns mit unseren Möglichkeiten und Begabungen. Er will uns nicht klein machen. Nein, er möchte, dass wir wachsen. Was in uns steckt, soll sich entfalten. Es ist nicht nötig, scharf wie ein Zentner Salz zu werden und als gleißende Sonne verbrennen wir anderen nur die Augen. Es reicht das Körnchen zu sein, dass den richtigen Geschmack bringt und das Fünkchen, dass die Glut neu anfacht.

Bleiben Sie behütet!
Ihre Pfarrer Heinrich Schwarz