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Danken kommt von Denken

Die Zeit der Kartoffelernte. Sie war für mich als Kind immer eine besonders schöne Zeit. Mit meiner Oma zusammen auf dem Gartenland. Meter um Meter wurde gehackt und geerntet. Manche Kartoffel so dick wie gleich drei auf einmal. Und dann wieder winzig kleine Babykartoffeln. Spätere „Butterkartöffelchen“ aus der Pfanne. Die mochte ich besonders gerne. Jede Kartoffel wurde einem der vier großen Haufen zugeordnet: Salzkartoffeln – Pellkartoffeln – Butterkartöffelchen – und ein Haufen mit besonders prachtvollen Kartoffelexemplaren. Immer wieder verglich ich meine Kartoffelfunde mit den unterschiedlichen Größen und fragte mich, ob ich nun gerade eine Salzkartoffel oder eine Pellkartoffel ausgebuddelt hatte.

„Vorsichtig musst du mit der Hacke sein“, mahnte meine Oma mich. „Wenn du die Kartoffeln spaltest oder verletzt, lassen sie sich nicht mehr einlagern“. Ich kam damals aus dem Staunen nicht mehr heraus: Wie konnte es sein, einfach so Kartoffel, um Kartoffel aus dem Erdreich auszubuddeln zu können? Ich konnte mir schier nicht erklären, wie aus unseren Pflanzkartoffeln vom Frühjahr nun solche Schätze im Erdreich hatten wachsen können.

Der krönende Abschluss des Erntetages war dann das Kartoffelfeuer – und die erste frisch gegarte Kartoffel aus dem Feuer. So gut schmeckten die Kartoffeln nur an diesem Tag!

Nach und nach wurde ich älter. Die Kartoffelernte immer mehr zu einer eben notwendigen Arbeit. Auch, weil es mir selbstverständlicher wurde, dass unser Kartoffelland im Herbst eben schöne dicke Kartoffeln hergab. Es war halt die Zeit dafür. Es war der Lauf der Natur. Ich gewöhnte mich. Und hörte auf zu staunen. Fast wurde es mir ein bisschen schwer, mich über unsere Ernteerträge tatsächlich noch von Herzen zu freuen. Was war passiert?

Ich höre meine Großmutter noch sagen: „Hm, dieses Mal ist aber viel Kleines dabei.“ Und: „Dieses Mal kommen wir mit unseren Kartoffeln wohl nicht hin. Da werden wir noch zukaufen müssen. Naja, ich will mal sehen…“. Und ohne es zu merken, ist mit dem Älterwerden dieser Blick wohl auch ein bisschen zu meinem Blick geworden: Der Blick des Messens und Vergleichens. Und der Gedanke: „Naja, ein bisschen mehr hätte es schon sein dürfen“.

Zu danken wird auf einmal mühsam. Weil das kindliche Staunen fehlt. Weil die intuitive Freude über das fehlt, was ich da in meinen Händen halte – und doch mit meinen Händen niemals hätte schaffen können. Nein, es braucht so viel mehr als Pflanzkartoffeln und fruchtbare Erde. So viel mehr als anhäufeln, auflockern und dann ernten. Es brauchte die rechte Mischung aus Regen und Sonne. Aus Wärme und Kühle. Es braucht gute Böden und Mikroorganismen, die ihre Arbeit tun. Es brauchte Wachstumsprozesse.

In dieser Woche feiern wir Erntedank. Wie also kommen wir auch als Erwachsene dahin, dankbar zu sein?

„Danken“ kommt von „denken“. Wer nachdenkt, fängt an zu danken. Und wer Gott dankt, denkt weiter. Und denkt nicht nur weiter, sondern sieht auch weiter. Und schärfer. Und bekommt die Menschen in den Blick, durch die Gott uns versorgt und am Leben erhält. Zu einem: „Gott sei Dank!“ gehört deswegen immer auch ein: „Mensch sei Dank!“

Ihre Pfarrerin
Katharina Bärenfänger

Mittagsgebet

Lobe den Herrn, meine Seele!
Herr, mein Gott, du bist sehr herrlich;
du bist schön und prächtig geschmückt.
Licht ist dein Kleid, das du anhast.

Du breitest den Himmel aus wie einen Teppich;
der du das Erdreich gegründet hast auf festen Boden,
dass es bleibt immer und ewiglich.
Du feuchtest die Berge von oben her,
du machst das Land voll Früchte, die du schaffest.

Du lässest Gras wachsen für das Vieh
und Saat zu Nutz den Menschen,
dass du Brot aus der Erde hervorbringst,
dass der Wein erfreue des Menschen Herz
und sein Antlitz schön werde vom Öl,
und das Brot des Menschen Herz stärke.

Herr, wie sind deine Werke so groß und viel!
Du hast sie alle weise geordnet,
und die Erde ist voll deiner Güter.

Es warten alle auf dich,
dass du ihnen Speise gebest zur rechten Zeit.
Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie;
wenn du deine Hand auftust, so werden sie mit Gutem gesättigt.

Verbirgst du dein Angesicht, so erschrecken sie;
nimmst du weg ihren Odem, so vergehen sie und werden
wieder Staub.
Du sendest aus deinen Odem, so werden sie geschaffen,
und du machst neu die Gestalt der Erde.

Die Herrlichkeit des Herrn bleibe ewiglich,
der Herr freue sich seiner Werke!
Ich will dem Herrn singen mein Leben lang
und meinen Gott loben, solange ich bin.

Lobe den Herrn, meine Seele!
Halleluja!

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